5. Montreal - die zweitgrösste frankophone Stadt der Welt
Montreal ist mit rund 4 Mio. Einwohner nicht nur die zweitgrösste Stadt Kanadas, sondern nach Paris auch die zweitgrösste französischsprachige Stadt der Welt. Ähnlich wie in Biel wird jedoch oft zwischen den Sprachen gewechselt. Bei unserer Ankunft geht gerade das Jazz Festival in die letzte Runde. Es tönt von vielen grossen und kleinen Bühnen. Wir nehmen ein Bad in der Menge und ein Nachtessen aus dem Wegwerfgeschirr.
Am nächsten Morgen lösen wir eine Dreitageskarte für die Metro, das rascheste Verkehrsmittel der Stadt. Die Stationen sind oft halbe Kunstwerke - und manchmal auch die Fahrgäste. Wir fahren zum Olympiastadion und müssen dort leider feststellen, dass der toll geformte Turm aktuell gesperrt ist. Die Stadien und Gebäude aus dem Jahr 1975 sind sehr formschön. Im Biodôme wird eine grosse Ausstellung mit unterschiedlichen Lebensräumen gezeigt. Im ehemaligen Olympischen Dorf kann man auch Ferienwohnungen mieten. Die Sportanlage wird heute noch gebraucht, auf mehreren Plätzen werden Ballspiele gespielt. Unter den Bäumen trimmen sich einige Freaks mit Musik fit.
Wir besuchen den nahen Botanischen Garten, er ist der zweitgrösste der Welt. Tatsächlich zeigen die Gartenanlagen auf 73 ha in 30 Gartenanlagen und 10 Gewächshäusern mehr als 21`000 Pflanzenarten. Besondere Anziehungspunkte sind der Chinesische und der Japanische Garten. Es gibt aber auch einen Alpengarten, einen Australischen Garten und einen Garten der Ureinwohner Nordamerikas (First Nation). Für das grosse Arboretum am hinteren Ende der Anlage reicht unsere Energie nicht mehr. Nach 6 Stunden laufen sind wir geschafft!
Die vielen Gewächshäuser sind verschiedensten Themen gewidmet. So gibt es Gebäude für Medizinalpflanzen, für Gift- und Klosterpflanzen oder für Nahrungs- und Genussmittel. Eindrücklich sind jedoch auch die Tropenhäuser, in welchen wir eine Vielfalt von Urwaldpflanzen und Orchidee finden. Besonders schön sind zudem die ariden Hallen mit den vielen skurrilen Kakteenarten.
Am Abend wird es gewittrig. Wir konsultieren in der Fussgängerzone des Plateau Mont Royal die Menükarten von verschiedenen Nationen. Es ist das Quartier mit den vielen historischen Gebäuden, in welchem sich auch unser Hotel befindet. Viele Häuser weisen steile Treppen im Freien auf. Sogar Velos werden hier auf spezielle Weise parkiert.
Bei Regenwetter sieht die quirlige Stadt plötzlich anders aus. Die Gartenbeizen sind verwaist, das Leben findet mehrheitlich im Untergrund statt. In den kilometerlangen Passagen, welche verschiedene Zentren miteinander verbinden, ist man wetterunabhängig. Der Marché Bonsecour ist ein neuklassizistisches Gebäude, welches eher an eine Kathedrale erinnert. Die echte Basilika ist jedoch Notre Dame, welche nach Pariser Vorbild erstellt wurde. Die Bauarbeiten für die neugotische Kirche wurden 1824 abgeschlossen. Die Orgel aus dem Jahr 1891 besitzt 7'000 Pfeifen zwischen 6 mm und 10 m Länge.
Nach dem abkühlenden Regen scheint wieder die Sonne. Wir rekognoszieren im Künstlerviertel die guten Ecken für die heutige Abendunterhaltung. Auch Kinos gibt es hier zuhauf; Abfall leider auch. Die Rue Sainte-Catherine ist die längste Fussgängerstrasse der Innenstadt. Es hat Einkaufzentren, Boutiquen und Souvenirläden. Von einem gestohlenen Fahrrad bleibt ebenfalls nur noch ein Souvenir übrig.
Das Chinesenviertel ist recht authentisch, auch wenn dort viele Touristen unterwegs sind. Von chinesischer Medizin über Qigong bis zum Buddhistischen Tempel ist vieles zu finden. Danach schlendern wir zum Vieux Port. Da liegen kleine Boote, aber auch eine private Luxusjacht vor Anker (Vermutung: Russische Oligarchen, zartbesaitete aber gutbetuchte Filmsternchen oder stinkreiche Araber?). Der alte Hafen ist Flaniermeile und Spektakelzone zugleich. Hier gibt es nebst vielen Marktständen auch den Cirque de Soleil oder ein Riesenrad zu sehen. Doch für eine grosse eigene Runde ist es uns schlicht zu heiss!
Am Abend lädt die angenehme Temperatur zum Ausgang ein. Wir essen in einem mexikanischen Gartenrestaurant im Quartier des Spectacles feine Nachos und lassen uns von Strassenartisten unterhalten. Das Viertel an der Rue St. Denis nahe am Quartier Latin ist eine echte Eventmeile.
Am letzten Aufenthaltstag in Montreal begeben wir uns via Metro und Bus zum Mont Royal, welcher der Stadt ihren Namen geliehen hat. Es ist das Ausflugs- und Erholungsgebiet ihrer Einwohner. Ein kleiner See wirkt erfrischend in der Landschaft. Auf den kurz geschorenen Wiesen liegen die eher Bequemen; die Unbändigen joggen um die Wette oder keuchen sich auf dem Rennvelo die Lunge wund. Unser Ziel ist der Aussichtspunkt beim Châlet Mont Royal. Dessen Name ist jedoch sehr verniedlichend, denn das Holzgebäude erinnert eher an die Behausung eines Wikingerstamms. Die Millionenstadt am St. Lorenzstrom wird von hier aus zum Spielzeug degradiert.
Am Nachmittag besuchen wir erneut das Biodôme beim Olympiastadion, doch diesmal von innen. Der halbrunde Bau dürfte während der Olympiade verschiedenen Disziplinen gedient haben. Heute werden in verschiedenen Sektoren vier unterschiedliche Lebensräume von Amerika erlebnisnah verdeutlicht. Es sind die Bereiche "Tropischer Regenwald", "Laurentinischer Wald", "Ökosystem im Golf des St. Lorenzstroms" sowie "Artkis und Antarktis". Da findet man bunte Papageien, rosa Löffler, Limikolen, Papageitaucher umd Anakondas. Die Ausstellung soll die Wechselbeziehungen von Mensch und Natur zeigen. Vor lauter Mensch kommt die Natur allerdings etwas wenig zur Geltung, trotz grossem technischem und energetischem Aufwand.
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